Warum hat der Beruf des Verkäufers, im deutschsprachigen Raum, einen so schlechten Ruf?
Er wird irgendwo zwischen Leichengräber und Geldeintreiber angesiedelt. Dabei kennen wir doch alle diese berühmten Sprüche: „Wer schreibt, der bleibt.“
„Das einzige Gas, das ich kenne, ist Vollgas.“
Solche oder ähnliche Weisheiten formulieren die alten Vertriebshaudegen zum Teil heute immer noch. Doch zum Glück gelten diese heute nicht mehr.
An das persönliche Verkaufsgespräch hat der Kunde heute andere Erwartungen.
Oft hört man Menschen über Verkäufer auch sagen: „Ja, zum Verkäufer muss man geboren sein. Da gehört Talent dazu.“ Bist Du auch dieser Meinung? Dann lass’ mich zwei Fragen stellen, die ich Dir nicht beantworten werde: Muss man zum Bäcker oder zum Busfahrer geboren sein? Oder kann man diese Berufe lernen?
Doch warum gibt es so viele Vorurteile gegenüber dem seriösen Verkaufen? Vor allem, da heute die altbekannten Zielgruppen ausgedient haben. Die Kunden sind heute besser informiert und zielorientierter, dadurch auch mächtiger. Diese Macht spielen sie in ihrem Einkaufsverhalten aus. Für jeden, der etwas an den Mann oder die Frau bringen will, wird es also höchste Zeit, mit den gängigen Vorurteilen gegenüber dem Verkaufen aufzuräumen, um dem eigenen Erfolg nicht im Weg zu stehen.
Weisheiten, die Du getrost ignorieren darfst
Die Erfolgsrezepte der alten Vertriebshaudegen, die viele der bestehenden Vorurteile begründen, sind längst überholt. Die Kunden heutzutage sind anspruchsvoller. Sie wollen nicht einfach von einer Sache überzeugt oder gar zum Kauf überredet, sondern von kompetenten Verkäufern zur Entscheidung begleitet werden. Hier also eine Hitliste allgemeiner Verkaufsirrtümer.
1. Nur die Anzahl der Abschlüsse ist wichtig
„Wer schreibt, der bleibt“ – hast Du diesen genialen Satz, der in Vertriebsstrukturen häufig vorkommt, auch schon gehört? Gemeint ist damit, dass allein der abgeschlossene Verkauf zählt. Meistens beinhaltet der Satz eine Drohung und wird als Machtmittel verwendet. Eingeschüchterte Sellies (so werden die armen Verkäufer genannt) sollen damit bei der Stange gehalten werden. Für Selbständige und Angestellte wie Sie und mich kann dies allerdings keine Geschäftsgrundlage sein. Wir brauchen tragfähige Partnerschaften mit unseren Kunden, die auf Vertrauen basieren. Wenn Du ausschließlich den Abschluss vor Augen hast, kauft der Kunde einmal und wahrscheinlich nie wieder, weil er sich dabei nicht gut fühlt.
Hohe Abschlussorientierung
Vielleicht will der Kunde jetzt nicht kaufen oder er braucht es jetzt nicht. Da heißt es mental die Tür offen halten und sich die Chance geben, beim Kunden zu einem späteren Zeitpunkt eine Kontaktmöglichkeit zu bekommen.
2. Produktkenntnis ist das Einzige, was zählt
Vor Jahren mag diese Weisheit, dass ein Verkäufer allein aufgrund von Produktkenntnis erfolgreich sein kann, noch gegolten haben. Der Verkäufer selbst hat den Kunden über sein Angebot informiert und ihn von dem damit verbundenen Nutzen überzeugt. Das hat sich stark gewandelt: Auch wenn Deine Angebotspalette übersichtlich ist, müssen Du zusätzlich über alles, was mit Deinem Produkten oder Leistungen zusammenhängt, zum Beispiel über den Wettbewerb oder Umweltaspekte, tiefgehendes Wissen, vorweisen können. Der Kunde interessiert sich zwar meist nur für einen oder zwei Aspekte eines Angebots, doch heute stehen ihm unterschiedlichste Quellen zur Verfügung, bei denen die er sich schlau machen kann. Oft weiß er nach seinen Recherchen mehr über den Gesamtmarkt als die Anbieter, selbst wenn es um Beratung und andere Dienstleistungen geht. Am Ende nehmen die Kunden oft nur eine hohe Austauschbarkeit der Angebote wahr.
Damit hat das vermeintlich hohe Qualitätsmerkmal der Produktkenntnis als ausschlaggebender Faktor ausgedient. Zwar ist es immer noch wichtig, das eigene Produkt gut zu kennen, doch noch wichtiger ist heute, dass Du ganz besondere Merkmale und eine klare Zielorientierung hinsichtlich der Erfüllung von Kundenwünschen zeigst. Sicher, in manchen Branchen sind Spezialisten für individuelle Kundenlösungen gefragt. Doch das ist für einen Auftraggeber in der Phase der Auftragsvergabe zunächst nicht das Wichtigste. Er muss vor allem erkennen können, dass Du die Aufgaben, die er Dir stellt, souverän bewältigen kannst.
3. Wer erfolgreich verkaufen will, muss seine Ware anpreisen
Das ist einer der Sätze, den viele Selbständige nicht hören wollen, wenn es um erfolgreiches Verkaufen geht. Verständlich, denn unter „anpreisen“ verstehen viele „zureden“. So gewinnt man heutzutage sicher keine Kunden. Die bessere Variante besteht darin, den Kunden vom Nutzen eines Angebots zu überzeugen. Außerdem begibst Du dich mit dieser Einstellung in eine schwache Position, die nicht förderlich ist. Wer nur seinen Kunden zuredet, gerät leicht in Stress und verliert den Überblick über die Gesamtsituation. Möglicherweise kann Ihr Gegenüber unter diesen Umständen einen besseren Leistungsumfang oder einen guten Preisnachlass heraus handeln.
Wenn Du von Deinen Produkten, Preisen oder Ihrer Marketingstrategie überzeugt bist, kannst Du ohne große Umschweife und Zögern mit dem Verkauf starten. Unter diesen Voraussetzungen ist es gar nicht erst nötig, den inneren Schweinehund überwinden zu müssen.
4. Wer verkaufen will, muss immer den Abschluss vor Augen haben
Aufträge wollen wir alle haben, klar. Aber was passiert, wenn das unser einziges Ziel ist und wir mit mentalen Scheuklappen ins Verkaufsgespräch gehen? Ich habe viele Verkäufer erlebt, die mich unbedingt zu einem Abschluss bringen wollten. Mit den tollsten rhetorischen Tricks. Doch ohne Erfolg. Wären sie mehr auf meine Interessen und Wünsche eingegangen, hätte ich vielleicht gekauft. Genau das hat sich verändert: Heute besteht beim Verkaufen die Herausforderung darin, mit dem Kunden eine gemeinsame Lösung zu finden. Das heißt, dass Du herausfinden musst, was Dein Kunde braucht. Denke also lösungsorientiert, nicht abschlussorientiert. Kannst Du dich mit dieser Rolle in Geschäftsbeziehungen eher anfreunden?
5. Nur wer von einem Produkt überzeugt ist, kann es auch gut verkaufen
Jeder Verkäufer hat nur Produkte, von denen er maximal überzeugt ist. Ein Freelancer verkauft nur Dienstleistungen, die ihm Selbstverwirklichung verschaffen und ihn glücklich machen. Ist das wirklich so? Schaue Dir einmal Deine Umsätze an. Sind das alles Einnahmen aus den Angeboten, die Dir besonders am Herzen liegen? Oft sind die wahren Umsatzbringer ganz andere Tätigkeiten. Das gilt auch für Produkte. Sicher ist es schön, wenn Du zu Deinen Produkten stehst. Was jedoch wesentlich wichtiger ist: Du musst die richtigen Produkte und Angebote für Deine Kunden haben!
Bewiesen hat sich das für mich, als ich einige Jahre lang ein Vertriebsgebiet bearbeitete. Ich war mit Geschenkbüchern, Postkarten, Glückwunschkarten und Kalendern mit kitschigen Fotos und besinnlichen Sprüchen in Buchhandlungen unterwegs. Von diesen Produkten mit der Kernzielgruppe ab 60 war ich inhaltlich nicht überzeugt. Aber: Ich hatte die absolut richtigen Produkte für diese Zielgruppe. Meine Kunden freuten sich, wenn ich zu ihnen kam. Mit dieser Einstellung konnte ich mehrmals den Umsatz meines Verkaufsgebiets um über 20 Prozent steigern.
6. Zum Verkaufen braucht man Talent
Sicher gibt es Menschen, denen es leichter fällt, andere zu unterhalten oder Kontakte zu knüpfen. Auch mag es in der neueren Forschung zu den psychologischen Grundlagen des Verkaufens Hinweise auf Talent für den Verkauf geben. Doch entscheidend für den Erfolg sind die innere Einstellung und die Vorbereitung. Wenn Du dich endlich entschlossen hast zu verkaufen – vielleicht auch, weil sich Deine Einstellung geändert hat –, kannst Du es tun. Perfektion ist nicht notwendig, um gute Ergebnisse zu erzielen.
Der talentierte Verkäufer wird leicht zum Überflieger und vergisst, auf seine Kunden und ihre Wünsche einzugehen – er kann ja sowieso schon alles. Dabei übersieht er die wichtigsten Sachen und wird weniger erfolgreich. Das passiert Dir nicht, wenn Du mit Einfühlungsvermögen auf Deine Kunden zugehst und ihnen gut zuhörst.
7. Verkäufer sind extrovertierte, aggressive Menschen und nerven
Verkäufer sind in den bekannten Persönlichkeitstests immer die „Roten“, so lautet die hinlängliche Meinung. Das bedeutet, sie sind extrovertiert, menschenorientiert und reden viel. Oft wirken sie aggressiv und arrogant. Ist das auch Deine Vorstellung? Und Du entsprichst ihr nicht, bist aber trotzdem in einem Geschäftsbereich tätig, in dem Du verkaufen musst?
In meiner Trainingspraxis lerne ich immer wieder hochgradig introvertierte und dennoch erfolgreiche Verkaufspersönlichkeiten kennen. Was sie erfolgreich macht, ist ihre Gabe zu analysieren und aufgabenorientiert nach Lösungen zu suchen. So mancher IT-Dienstleister hat seinen Beruf sicher nicht gewählt, um Tag für Tag seinen Kunden eine gute Show zu liefern. Er will auch in Ruhe gelassen werden und allein an Lösungen und Programmen arbeiten. Ich versichere Dir, dass auch Du lernen kannst, mit Deinen Kunden die jeweilige Aufgabenstellung herauszuarbeiten, um dann in Ruhe an den Lösungen zu arbeiten. Na, ist das ein Angebot?
Mehr zum Thema, wie Sie durch gute Fragen im Verkauf erfolgreich sind, erfährst Du im Training oder Coaching von Joachim Skambraks, www.intutraining.de
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